Zwillinge bei Eseln

Geburtenkunde, Vor- und Nachsorge

Auch wenn man sich bereits viele, viele Jahre in der Eselszene herumtreibt, so wird man doch nur in den seltensten Fällen berichten können, man hätte lebende Zwillinge einer Eselstute, gesund mit der Mutter über die Wiese toben sehen!
Blättern Sie in Ihren Eselbüchern und suchen Sie die Informationen zu diesem Thema und Sie werden nichts, oder nur sehr wage Informationen finden!

Ich habe in über 25 Jahren intensivsten Beschäftigen mit dem Thema Esel lediglich von vier lebenden Zwillingspaaren jeweils nur gehört, wobei dreimal davon ein enormer veterinärmedizinischer Aufwand betrieben wurde, um das Leben der Stute und auch Ihrer Fohlen zu retten. Die Fohlen wurde dann jeweils mit der Hand aufgezogen und waren viel kleiner und schwächer, als Sie eigentlich hätten sein müssen und blieben auch später in Ihrer Entwicklung unter dem zu erwartenden „Normalen“!
In 2008 wurde ein Poitou-Eselfohlenpäarchen in Deutschland gesund und ohne Tierarzt geboren. Beide sind topfit, eines recht klein, das andere nicht riesig aber soweit normal entwickelt – eine Sensation für mich!
Und das waren schon meine vier Ausnahmen von der Regel:
Bei Eseln gibt es keine normalen Zwillingsgeburten, eine “Zwei-Kind-Politik“, ist von der Natur nicht vorgesehen!

Eine Eselstute hat eine wesentlich engere Beckenstellung, als ein Pferd und selbst bei Pferden ist eine Zwillingsgeburt bereits ein Lebensrisiko für alle Drei. Esel sind von Ihren ganzen körperlichen Voraussetzungen nicht für Zwillinge „eingerichtet“. Zwar besitzt Sie zwei Zitzen, doch ist die „Zweite“ eher eine Ersatzzitze, für den Fall, das eine Seite des Euters nicht „funktioniert“ nach einer Euterentzündung, einer alten oder aktuellen Euterverletzung oder ähnlichem. Im Fohlenalltag wird gewöhnlich aus beiden Zitzen mehr oder weniger abwechselnd getrunken, doch eigentlich würde eine Euterseite zum gesunden und kräftigen Entwickeln des jungen Eselkörpers völlig genügen!

Wie beim Menschen, gibt es Eselstuten die zu Zwillingen neigen und wahrscheinlich vererbt sich diese Neigung auch, wie wir es von uns Menschen her kennen. Solch eine Stute ist aber dennoch eventuell eine ideale Zuchtstute, denn es gibt auch bei Equiden Ultraschalluntersuchungen zum Trächtigkeitsnachweis.

Der Tierarzt kommt zwischen dem 15-21 Tag nach dem letzten Rosse- bzw. Decktag und schallt rektal auf Trächtigkeit. Entdeckt er bei seiner Untersuchung einen Embryo, so wird er auch das andere Gebärmutterhorn und die Eierstöcke untersuchen, ob es eventuell einen Zwilling gibt. Die Embryos sind zu diesem Zeitpunkt ca. 1 cm groß.

Entdeckt er einen zweiten Embryo so kommt ein unangenehmer Teil. Der Besitzer muss entscheiden, ob einer der beiden Embryos getötet werden soll! Der Tierarzt kann dies direkt tun, mit der Untersuchungssonde des Ultraschallgerätes. Er wird den Embryo töten, der kleiner ist, oder den, an den er besser herankommt. Das kann schwierig sein, denn manchmal liegen die Embryos direkt nebeneinander. Im schlechtesten Falle muss er die Untersuchung 3-10 Tage später wiederholen, in der Hoffnung nun besser an eines der beiden heran zu kommen.

Dieser künstlich initiierte Abort kann in ca. 30% – 50% der Fälle (hier variieren die Aussagen der verschiedenen Tierärzte) auch zu einem Abort des anderen Embryos führen. Dieser Abort ist absolut ungefährlich für die Stute, Sie kann dann erneut gedeckt und später wieder untersucht werden.

Entscheidet man sich dafür beide Embryos zu belassen, so gibt es häufig einen natürlichen Abort der Zwillinge im 8-9 Monat der Schwangerschaft. Dieser Abort ist gewöhnlich auch noch ungefährlich für die Mutterstute und findet häufig unbemerkt von den Besitzern statt. Die Todgeburten finden in einer ruhigen Ecke der Weide häufig nachts statt und das frische Blut zieht „Räuber“ an. Füchse und ähnliche Wildtiere werden das meiste der toten „Frühlinge“ bereits am nächsten Morgen gegessen, oder verschleppt haben. Die Stute beschützt die toten Fohlen nicht, nachdem Sie keine genetischen verankerten „Zeichen“ Ihrer Fohlen bekommen hat.

In manchem Fällen verliert die Stute einen Embryo auf natürliche Weise in den ersten 2 Monaten der Trächtigkeit, ebenfalls ein natürlicher Abort, der unbemerkt und ungefährlich verläuft, jedoch natürlich auch zu einem Abort des Zweiten Embryos führen kann – der Besitzer wundert sich dann im nächsten Jahr, warum seine „tragende“ Stute nicht „runder“ wird?
Es ist aber in keinem Falle so, wie ich in einem Fachbuch mal lesen konnte, dass jede Trächtigkeit bei Eseln mit Zwillingen angelegt wird und dann quasi immer (normalerweise) eines der beiden Embryos verstirbt.

Trägt die Stute die vollen Monate Ihrer Trächtigkeit aus (im Mittel 375 Tage), kommt eine schwere Geburt auf Sie zu! Ihre Fohlen sind zu meist extrem klein und schwach und oft nicht lebensfähig, falls diese überhaupt lebend auf die Welt kommen. Die Gefahr für die Mutterstute von inneren Verletzungen bei der schweren Geburt, oder Vergiftung durch ein vor kurzem in der Bauchhöhle gestorbenes Fohlen, sind sehr groß. Eine Geburtsrehe, ausgelöst durch Schmerz oder Vergiftung, kann die Stute ein Leben lang zeichnen, falls Sie dieses Geburtsdrama überlebt!

So können Zwillingsgeburten in einigen Fällen zu einer Sterilität und lebenslangen Folgekrankheiten führen.
Manchmal wird auch ein etwas kleineres „normales“ Fohlen geboren und eine zusätzliche „Steingeburt“. Hierbei stirbt eines der beiden Fohlen erst in einer sehr späten Trächtigkeitsphase und versteinert in einer abgeschlossenen Hülle. Dies ist nur dann ein Glücksfall für die Stute, wenn diese „Steinfrucht“ ohne Probleme bei der Geburt ausgetrieben werden kann.

Meiner Meinung nach gehört zu einer seriösen Zucht von Eseln, die Ultraschallfrühuntersuchung dazu und ich vertrete die Meinung, dass das Leben der Zuchtstute Vorrang vor dem neuen Leben der Fohlen hat. Der Eselbesitzer muss die Gesundheit seiner Stute mit Priorität schützen und ich halte das Lebensrisiko für die Stute bei Zwillingsträchtigkeiten für so groß, dass ich eine Abtreibung eines der Embryos oder sogar Beider, für die richtige Entscheidung halte.

Selbst wenn die Stute unbeschadet aus der Todgeburt Ihrer Zwillinge heraus kommt, so hat Sie viel Lebensenergie vergeudet und Ihren Körper und Ihre Seele für nichts und wieder nichts belastet!

Es ist eine schwere Entscheidung, ähnlich wie das Anordnen der Euthanasie eines Tieres. Der Besitzer eines Esels übernimmt diese sehr unangenehmen Pflichten mit der Anschaffung des Esels. Die Eselstute bei Ihnen hat ein recht darauf, dass Sie Ihr zu einem gesunden Leben verhelfen.

Dies sind die schweren Momente und Augenblicke im Leben eines Eselhalters, doch Sie gehören ganz klar dazu und ich bitte Sie sich bereits vor dem Decken Ihrer gesunden Stute auch über diesen Teil der Schwangerschaft Gedanken zu machen und die Risiken abzuwägen!

Nachwort: Ich möchte hier keine Ängste schüren und Eselzucht vermeiden! Ich möchte Bewusstsein schaffen für Gefahren, die nur selten zum tragen, selten zur Sprache und zum Glück auch nur sehr selten vorkommen!

Keine Angst, wir sprachen hier von den wirklich seltenen Ausnahmen! Bitte züchten Sie, wenn Sie körperlich und geistig „tolle“ Esel besitzen und verhelfen Sie unseren Eseln zu einem höheren Ansehen, dass wir mit gesundem Nachwuchs in der Zukunft viel besser präsentieren werden können!

Puck, Asinerie Plombières
www.poitou-esel.de
puck@poitou-esel.de