Eselhengsthaltung

Tierquälerei – kontrollierte, artgerechte Zucht-Kastration ?

Die Vermutung, Esel seien genetisch ganz nah an ihren afrikanischen Wurzeln, ist durch verschiedene wissenschaftliche Projekte und viele Beobachtungen bewiesen worden. Daraus ergeben sich für die Eselhaltung ganz klare Vorgaben und Richtlinien, um eine artgerechte Haltung zu gewährleisten.

Der Eselhengst hat in der freien Natur ein Revier, welches er mit Kot, Urin und seiner berühmten Stimme markiert. Damit wird anderen Eselhengsten angezeigt, dass dieses Gebiet das Seinige sei und sie diese 5 bis 10 km² nicht betreten sollen. Den herumziehenden Stutengruppen hingegen wird eine Art Einladung signalisiert, ihn „den besonders starken und tollen Kerl“ doch zu besuchen. Wir halten fest : Stuten wandern in Kleingruppen – Hengste sind ortstreu ! Das bedeutet für eine verantwortungsvolle Zucht folgendes : Der Hengst bekommt einen angestammten Weide – und Stallbereich, den er im Idealfalle nie verlässt, ihn aber am Geschehen, am und um den Hof teilhaben lässt. Da er in der freien Natur andere männliche Tiere aggressiv vertreiben würde, und er natürlich auch einen festen Sozialpartner haben muss, kann ein Pferd, Pony, Maultier oder Maulesel als Wallach ganzjährig seinen Bereich mit ihm teilen ( die Tiere müssen körperlich zueinander passen ). Der Mensch pflegt auch seine sozialen Kontakte mit dem Hengst, vermeidet es aber, ihn zu Spaziergängen auszuführen oder als Deckhengst zu deplatzieren, denn das Verlassen seines Reviers löst Stress und Unwohlsein aus – es ist unnatürlich! Die Pflege und auch Übungen zum besseren Miteinander finden am Hof oder auf seiner Wiese statt.

Im Frühjahr werden die für die Zucht vorgesehenen Stuten in einem angrenzenden Bereich gehalten, was zur intensiven Kommunikation zwischen Hengst und Stuten führt und gewöhnlich binnen weniger Tage die Rosse auslöst. Die rossigen Stuten werden nun in das Revier des Hengstes gebracht; sie sind auf Zeit zugewandert. Der Deckakt findet in Freiheit statt. Die nun trächtigen Stuten können die gesamte Sommersaison bis ca. September beim Hengst verbringen, bevor sie „weiterwandern“ und in ihre Herbst- und Winterbereiche am Hof umziehen. So sollte und kann es aussehen!

In der Realität finden sich jedoch häufig – und oft auch außerhalb der Eselvereine – unzählige Eselhengste „im Umlauf“, die ein anderes Leben führen. Die meisten Verkaufsannoncen beziehen sich auf Hengste („umständehalber abzugeben“), nur wenige Wallache oder Stuten stehen in Zeitungen, sodass der neue Eselfan oft einen Hengst bekommt, oder gar gleich zwei „die sich natürlich prächtig verstehen und bereits alles können, was der neue Eselbesitzer sich nur wünschen mag“
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Wie kommt es dazu ?

  • Die Statistik zeigt, dass 2/3 bis ¾ der Fohlen männlich sind
  • Eine Kastration kostet Geld und ist wie jede Operation auch eine Gefahr fürs Leben

Stuten sind aber gewöhnlich teurer, da man ja noch Nachwuchs produzieren könnte! Viele Halter träumen von einem Eselfohlen : es ist ja so niedlich, wirklich, es ist ungemein niedlich und einnehmend! – doch wie viele Menschen verstehen etwas von Fohlenaufzucht? Ein Dorf weiter wohnt ein Hengstbesitzer, und schon ist der Gedanke vom Familienglück in die Tat umgesetzt. Wohin später mit dem Hengstfohlen, damit es nicht die eigene Mutter deckt?, oder „ein Mal Inzucht ist bestimmt nicht so schlimm“ und wieder eine Annonce : „Junger Eselhengst umständehalber abzugeben…!“

Die meisten Fohlen beginnen ihren Lebensweg auf diese Weise. Oft wird es eine Odyssee von Menschenhand zu Menschenhand, oder gar zum Abdecker. Dabei wurden weder die Stute noch der Hengst vorher auf ihre Gesundheit überprüft oder aufgrund ihrer „Qualität“ ausgewählt. „Wir wollen ja keine Papiere, nur ein liebes Tier“ – richtig! Aber sollte das zweifellos liebe Tier, das hier entstehen soll, nicht auch die besten Chancen auf ein gesundes Eselleben haben? Nicht jede Stute passt zu jedem Hengst, und lange nicht jeder Esel ist von seinen körperlichen und charakterlichen Eigenschaften her geeignet, als Elterntier Fohlen in die Welt zu setzen. Hengste die nicht als körperlich und seelisch einwandfrei gelten, sollten möglichst jung kastriert werden, um unerwünschten Nachwuchs zu verhindern und ihnen alle Voraussetzungen zu schaffen, ein echter Freizeitpartner zu werden.

Der ruhigste und verlässlichste Partner auf Wanderungen und Spaziergängen ist der Wallach!

Nie rossig und nie „blind“ wie ein Hengst und im Verhalten unberechenbar (in öffentlichen Bereichen gefährlich!) wenn Rossedüfte einer Esel– oder auch Pferdestute zu ihm dringen. Zwei Eselhengste zusammen halten ist unnatürlich und bringt Stress für beide. In extremen Fällen wird der Stärkere, durch welchen Auslöser auch immer, plötzlich den Schwächeren angreifen, mit dem Ziel, ihn aus dem Revier zu vertreiben, der Zaun verhindert dies, der Schwächere kann nicht fliehen und ist häufig innerhalb weniger Minuten schwer verletzt oder gar tot. Der starke Hengst ist nicht bösartig, aber der ursprüngliche Wildesel in seinen Genen dringt durch. Zu unserem Glück ist er ein noch nicht degeneriertes Lebewesen. Durch umfangreiches Wissen, das wir uns aneignen, können wir ihn ideal halten, er wird für uns „berechenbar“.

Viele Sachpunkte sind in diesem Artikel nur angerissen worden, sie werden in späteren Berichten noch ausführlicher besprochen. Doch hier noch ein abschliesender Aufruf an die Hengstbesitzer: Eselhengste sind sehr potent; einem Zuchthengst sollten immer mehrere Stuten jährlich „zur Verfügung“ stehen. Wenn Sie einen besonders gut gebauten und charakterlich einwandfreien Hengst haben und viele Stutenbesitzer gerade ihn für ihre Stuten aussuchen, so ist dies eine gute Sache! Wenn er nur einen der hier angesprochenen Punkte nicht erfüllt, sollten Sie ihren Hengst unbedingt kastrieren lassen – im Idealfall bevor er jemals gedeckt hat. Eselhengsthaltung bedeutet viel zusätzliche Arbeit, die vieles von dem ausschließt, was die meisten von uns gerne mit ihrem Tier machen würden!

Das Leben eines Wallachs ist ein sehr Glückliches !